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Stell Dir vor, es ist Sonderausschuss – und keiner berichtet

Hauptnachrichtensendungen, ARD, ZDF & DLF [1], vom 5. September 2023

Vor einem knappen Jahr wurde Deutschlands Cybersicherheitschef, Arne Schönbohm, entlassen – nach suggestiven Vorwürfen der Russlandnähe im ZDF-Magazin Royale. Wie sich herausstellte, waren die Vorwürfe haltlos. Dazu fand auf Antrag der Unionsfraktionen eine Sondersitzung des Innenausschusses am vergangenen Dienstag statt. Unsere Tagesanalyse zur Berichterstattung von ARD & ZDF war schnell erledigt: Kein Bericht, nicht einmal eine Nennung der Sitzung in den reichweitenstarken Abendnachrichtensendungen [1].


Immerhin: Der Deutschlandfunk berichtete. In den Informationen am Mittag lernt der Zuhörer, dass auf Basis eines internen Ministeriumsvermerks Faeser Amtsmissbrauch vorgeworfen wird, dass sie persönlich nicht an der Sitzung teilnahm und die Opposition ihr das verübelt, dass Schönbohm gegen das BMI klagt und gegen das ZDF zu klagen gedenkt. Statements aller Fraktionen folgen. Diesen Grad der Informierung wünscht man sich von den Fernsehmedien. In der DLF-Tagesrückschau "Der Tag" wird das Thema ebenfalls besprochen. "Was will man dem ZDF da jetzt vorwerfen?", fragt Moderatorin Josephine Schulz. Bei Jan Böhmermann habe niemand gesagt, Arne Schönbohm telefoniere mit dem russischen Geheimdienst. "Es ist fragwürdig, wie man es zusammenmontiert hat", gibt darauf DLF-Hauptstadtjournalist Johannes Kuhn zu bedenken, der die Sondersitzung des Innenausschusses begleitet hatte. Die Frage, ob handwerkliche Fehler vorliegen, sei noch zu klären.


Das ZDF selbst lässt eine derart differenzierte Auseinandersetzung mit eigenen Fehlern jedoch vermissen. Angesichts allgegenwärtiger Diskussion um Vertrauensverluste verpasst nicht nur, aber gerade das ZDF hier die dringend gebotene Chance, glaubhaft und aufrichtig eine eigene Fehlerkultur zu etablieren.


Am Donnerstag erfolgte die zweite Sondersitzung des Innenausschusses. Wir werden auch dazu den ÖRR analysieren.


Wir fragen: Warum nennen die reichweitenstärksten Abendnachrichtensendungen von ARD & ZDF nicht einmal den Sachverhalt, dass der Innenausschuss tagt, geschweige denn berichten nähere Information, etwa zum belastenden Ministerialvermerk oder den Schadenersatzforderungen Schönbohms gegen BMI und ZDF? Diese notwendige Information muss sich der versierte Mediennutzer erst beim DLF oder mittels Presseschau großer Tageszeitungen suchen. Hier erfährt er, was ARD & ZDF nicht liefern. Die Sender brechen also ihren grundgesetzlichen Auftrag, binnenpluralistisch für eine vollumfängliche Informiertheit seiner Zuschauer mit politischen Fakten zu sorgen.


Wir fordern: Eine falsche Personalentscheidung durch – in diesem Fall – Bundesinnenministerin Faeser muss genau so und gleichwertig Gegenstand der Berichterstattung sein, wie Anwürfe, die gegen betreffende Personen erhoben werden – zumal wenn der begründete Verdacht im Raum steht, dass die zugrundeliegende Desinformation über einen als Satiriker auftretenden Aktivisten im ZDF selbst verbreitet worden ist.

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