Tagesthemen, ARD, vom 13. Juni 2023.
„Dass sich Jungs wie Mädchen kleiden können sollen, das liegt zwei Drag-Künstlern am Herzen“, moderiert Caren Miosga treuherzig einen Beitrag um die umstrittene Lesung in einer Münchner Stadtteilbibliothek an. Berichtet wird daraufhin von Protesten für und wider die Veranstaltung sowie von Morddrohungen gegen die Drags. Die Geschmacklosigkeit der AfD etwa, sie auf einem Plakat als gemeingefährliche Straftäter zu verunglimpfen, wird thematisiert. Was fehlt, ist aber eine faire Einordnung, warum die Lesung denn überhaupt so umstritten ist. Es geht um Vielfalt und die freie Kleiderwahl der Kinder, versteht der Zuschauer. Genauer wird es nicht. Damit spiegelt der ÖRR die Debatte unsauber und verkürzt wider. Die Dualität zwischen der Menschenverachtung der AfD einerseits und bewusst als harmlos präsentierten Vielfaltsbekundungen der Befürworter andererseits sind kein differenziertes Bild.
Wir fragen: Warum bleibt unerwähnt, dass auch die zwölfjährige Trans-Jungautorin Julana Gleisenberg aus ihrem Buch „Endlich ich! Trans*Kinder verstehen und begreifen“ vorliest? In vielen europäischen Ländern gibt es inzwischen eine äußerst kritische Debatte über den sprunghaften Anstieg pubertierender Jugendlicher mit Transitionswunsch, einige Staaten kehren zu einer vorsichtigeren Praxis zurück. Im Beitrag hierzu: Kein Wort. Unerwähnt bleibt auch, dass sich einer der lesenden Drags „Big Clit“, also große Klitoris, nennt. Zielgruppe der Lesung: Vorschulkinder.
Wir fordern: Kritik an einer verharmlosenden Darstellung von Transitionen und die Forderung nach Zurückhaltung insbesondere bei Kindern und Jugendlichen ist ein seriöses Anliegen, das es verdient, vom ÖRR fair dargestellt zu werden.
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