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„Superreiche“: ZDF-Doku stellt Steuerlast falsch dar & brüskiert aufrichtige Unternehmer

Mit einer Dokumentation über Steuersparmodelle sogenannter „Superreicher“ hatte das ZDF Mitte Dezember für Aufregung gesorgt. Viele Unternehmer fühlen sich nun einem einseitig-feindseligen Bild durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ausgeliefert.



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Protzige Yachten in Monaco, pikante Seminare einer „Steuervermeidungsindustrie“ und eine süffisante Esther Schweins, die den Zuschauer über bösartige Unternehmertricks aufklären will: Mit der Doku „Die geheime Welt der Superreichen“ macht das ZDF Stimmung gegen das deutsche Unternehmertum. Eine effekthascherische Machart missachtet Prinzipien der journalistischen Sorgfalt durch die verfälschte Darstellung der Steuerlast, durch einseitige Quellenauswahl zugunsten eines Aktivisten-Netzwerks und durch eine unausgewogene Darstellung der Gegenseite.


Falsche Darstellung der Steuerlast


Einfache Formeln sind populistisch, das behauptet der ÖRR regelmäßig selbst. Trotzdem betont die Doku mehrfach eine einfache Formel aus einer einzigen Quelle: „Mustermillionäre“ zahlten halb so viele Steuern wie „Normalos“, d.h. Ledige ohne Kind. Das sagt Esther Schweins in ihrer ironischen Rolle als „Vermögensverwalterin und -verteidigerin Gabriele König“. Das Verhältnis liege bei 48 Prozent zu 24 Prozent. Als Quelle dient das Netzwerk Steuergerechtigkeit. Der Vergleich ist in mehrerlei Hinsicht falsch.


Die Doku fasst Steuern und Sozialabgaben zusammen. Um die Sozialabgaben bereinigt, liegt der Steuersatz des Durchschnittsverdieners (ledig ohne Kind) laut Bundesfinanzministerium bei 13,6 Prozent im Jahr 2022 [1]. Das vom ZDF als einzige Quelle bemühte Netzwerk Steuergerechtigkeit weist hierfür 18 Prozent aus – und auch dies nur bei genauerem Hinsehen [2]. Wie der Anteil von 24 Prozent für Reiche zustande kommt, erläutert die süffisante Beraterin nicht. Es geht auch nicht aus der Primärquelle hervor. Pauschal zu behaupten, „Normalos“ trügen 48 Prozent Steuerlast und Vermögende nur 24 Prozent, ist hochgradig suggestiv und grenzt an Populismus.


Nur mit umfangreichem Vorwissen kommt der Zuschauer darauf, dass hiermit vielleicht die Kapitalertragsteuer gemeint sein könnte, die einschließlich Soli bei gut 26 Prozent liegt. Und weiterhin kommt nur der versierte Zuschauer darauf, dass andererseits der Spitzensteuersatz für gut verdienende Arbeitnehmer (nicht „Normalos“) kritisiert wird. Er liegt bei 42 Prozent. Klar wird das alles aber nicht.

 


Aufschlussreichere Angaben zur Verteilung der Einkommensteuerlast lässt die Doku außerdem vermissen – beispielsweise, dass der Großteil der Last eben nicht von den „Normalos“ getragen wird. Ein Blick in aktuelle Daten des BMF [3] genügt für ein differenzierteres Bild: Die oberen 10 Prozent der Einkommensteuerpflichtigen tragen 57,2 Prozent des gesamten Aufkommens an Einkommensteuer. Oder anders ausgedrückt: Die unteren 50 Prozent der Einkommenssteuerpflichtigen, die „Normalos“, zahlen knapp 6 Prozent an Einkommensteuer.


Aktivistennetzwerk als einzige unabhängige Quelle stilisiert

 

Der Gebührenzahler kann überdies vom öffentlich-rechtlichen Journalismus die Bezugnahme auf mehrere seriöse Quellen erwarten – auf das Bundesministerium der Finanzen etwa, wenn es um Steuerfragen geht, oder auf IFO und DIW, um wirtschaftspolitische Zusammenhänge zu erörtern. Doch hier kennt das ZDF nur eine einzige Quelle: das Netzwerk Steuergerechtigkeit.

 

Dieses Netzwerk ist ein Verbund aktivistischer Organisationen, darunter Gewerkschaften, ökologische Bündnisse und globalisierungskritische Akteure wie Attac. In seiner Charta forciert das Netzwerk die „Umsetzung einer sozial gerechten ökologischen Finanzreform zur Verringerung eines Raubbaus an der Natur“ und möchte die „Länder des globalen Südens bei der Bekämpfung von Steuerflucht“ unterstützen [4]. Offen vorgetragenes Ziel ist u.a. die „Erhöhung der Reichensteuer und die Reform der Erbschaftsteuer ohne Ausnahmen für Betriebsvermögen“ [5]. In den Pressemitteilungen heißt es, die OECD „verschweige“ die niedrige Steuerlast von Vermögenden. „Privilegien“ und „Bevorteilung“ sind gängige Vokabeln [2].


Das Wording ist also offen kämpferisch, wie für eine aktivistische Interessensgemeinschaft üblich. Dass der ÖRR ein solches Aktivisten-Netzwerk als einzige Informationsquelle wählt und für den Zuschauer nicht einordnet, ist jedoch frappierend. Er verletzt damit seine Verpflichtung zur Neutralität, zur richtigen Darstellungsweise und zur Perspektivenvielfalt gemäß Medienstaatsvertrag.


Kaum Raum für aufrichtige Unternehmer, dafür Bekenntnisdruck

 

Darüber hinaus ist auch die Darstellung der Akteure hochgradig unausgewogen. Der Typus des tricksenden Steuervermeiders, den Redakteur Jochen Breyer auf Yachten, in Privatjets oder exklusiven Reichen-Clubs interviewt, prägt die dreiviertelstündige Sendung. Nur dreieinhalb Minuten Sendezeit entfallen auf den Gegentypus: Harald Christ will ansetzen, das Bild des aufrichtigen Unternehmers hochzuhalten, der gerne gesellschaftliche Verantwortung übernimmt, Steuern zahlt, sich sozial engagiert und eben nicht abwandert. Er kommt nicht dazu – vor lauter Bekenntnisdruck seitens Breyer, der wiederholt insistiert: „Finden Sie es ok, wenn andere das [Steuervermeidungsmodelle] machen?“ Christ ärgert sich vor laufender Kamera über eine unternehmerfeindliche Stigmatisierung. Dann sind seine drei Minuten um.


Wir fragen:

Journalistische Investigativ-Formate schlagen häufig einen scharfen Ton an. Das ist ihr Charakteristikum. Doch enthebt sie das nicht der Verpflichtung, sorgfältig zu arbeiten – gerade im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Wie ist zu erklären, dass

 

1.     die Steuerlast eines Normalbürgers falsch dargestellt wird?

2.     die Steuerlast eines Vermögenden falsch dargestellt wird?

3.     Zusammenhänge zur Verteilung der Steuerlast nicht erläutert werden?

4.     die Informationsquellen weder diversifiziert noch eingeordnet werden?

 

Wir fordern:


  1. Der ÖRR muss seine Pflicht zur korrekten Information, hier zu Steuerlasten, einhalten.

  2. Der Rausch des Investigativ-Erfolgs darf nicht in unternehmerfeindliche Ressentiments ausarten.

 

Dass eine Spitzen-Finanzbeamtin mutmaßlich auf Basis ihres dienstlich erworbenen Wissens Beratungsleistungen zur Steuervermeidung erteilt, ist ein Recherche-Erfolg der Dokumentation, der die demokratische Funktion regierungskritischer Medien veranschaulicht. Was allerdings nicht passieren darf, ist, dass ein solcher Recherche-Erfolg zur einseitigen Betrachtungsweise auf deutsches Unternehmertum im Ganzen führt. Viele Unternehmer fühlen sich durch die oben aufgelisteten journalistischen Mechanismen als Steuervermeider stigmatisiert. Die Dokumentation versäumt es, ein angemessen differenziertes Bild zu vermitteln und aufrichtige Unternehmer der bürgerlichen Mitte angemessen zu Wort kommen zu lassen. Stattdessen macht sich der ÖRR zum Sprachrohr politischer Aktivisten.


 

[1] „Steuer- und Abgabenlast von Durchschnittsverdienern“, BMF über die Bundeszentrale für politische Bildung, abrufbar unter: https://www.bpb.de/kurz-knapp/zahlen-und-fakten/soziale-situation-in-deutschland/61896/steuer-und-abgabenlast-von-durchschnittsverdienern/

 

[2] „Der Steuersatz der Superreichen“, abrufbar unter: https://www.netzwerk-steuergerechtigkeit.de/der-steuersatz-der-superreichen/#_ftn1

 

 

[4] Charta des Netzwerks Steuergerechtigkeit Deutschland, abrufbar unter: https://www.netzwerk-steuergerechtigkeit.de/netzwerk/charta/

 

[5] „Meilensteine für mehr Steuergerechtigkeit“, Netzwerk Steuergerechtigkeit: https://www.netzwerk-steuergerechtigkeit.de/vermoegen/

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R21 – Initiative für einen besseren ÖRR

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Unter dem Dach dieser Initiative werden zunächst zwei Projekte realisiert: Erstens erfolgt in einem ÖRR-Blog eine systematische Analyse der täglichen politischen Berichterstattung des ÖRR insbesondere zu den oben genannten Kofliktthemen. Einseitige und/oder sachlich falsche Berichte werden wir regelmäßig dokumentieren. Diese Befunde werden darüber hinaus in einem Newsletter „Denkzettel ÖRR“ monatlich zusammengefasst und bewertet. Darauf aufbauend erfolgt zweitens eine längerfristig angelegte Studie, die sich dem Thema „Framing im ÖRR“ widmet.

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Der Fokus der Beobachtung liegt dabei auf einem festen Sample reichweitenstarker Nachrichtenformate aus ARD (Tagesschau/Tagesthemen), ZDF (Heute/Heute Journal), Deutschlandfunk (Informationen am Morgen/Mittag/Abend) und dem Jugendformat Funk (u.a. Podcast „Die Woche“). Hinweise und Beschwerden über die Berichterstattung auch aus anderen Sendeformaten nehmen wir gerne unter der E-Mailadresse redaktion@denkfabrik-r21.de entgegen.

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